Der anonyme Brief:
Mai 2019m
SPD Fraktion
im Rat der Gem. Neunkirchen Rathaus
57290 Neunkirchen
IKEK
an Rat, Bürgermeister und Presse
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie machen nicht das, was für Neunkirchen gut, ist sondern das, was die Parteien in Brüssel, Berlin, Düsseldorf, Arnsberg usw. wollen und denken gar nicht an uns )Jeunkirchener Bürger weshalb Sie bei den nächsten Wahlen (vielleicht schon am Sonntag) die Quittung bekommen..
Sie produzieren eine Art Hartz 4 für Hauseigentümer nur damit die Ausländer irgendwo wohnen können. Die haben hier in Deutschland nichts verloren. Was wäre denn schlecht daran, wenn in Deutschland demnächst 40 Millionen Deutsche inclusive Volksdeutsche wohnen.Wer will eine Art Rothenburg mit Kopfsteinpflaster usw. und wer kann und will das bezahlen. Wenn, dann soll das von den vorgenannten Gebietskörperschaften oder vom Unrat bezahlt werden. Solche Angelegenheiten gehören zur Volksabstimmung, am besten stimmen nur die Betroffenen ab. Wir wollen so leben wie bisher. Man hat sich ein Häuschen gebaut und dann kommen Sie.
Die Flurbereinigung hat die Landschaft zwischen den Orten zerstört und Sie zerstören jetzt die gewachsenen Dörfer.
MfG
Die Antwort:
Antwort auf ein anonymes Schreiben an SPD-Fraktion, Rat und Bürgermeister von Neunkirchen sowie die Presse
Über die Gemeinde Neunkirchen erhielt die SPD-Fraktion in der letzten Ratssitzung das hier als PDF beigefügte anonyme Schreiben. Zu diesem Schreiben möchte der Unterzeichner auch im Namen des SPD-Gemeindeverbandes und der SPD-Fraktion wie folgt Stellung nehmen:
Sehr geehrte Frau oder Herr Anonymus,
leider haben Sie in Ihrem vorgenannten Schreiben keinen Namen und keine Anschrift angegeben, weshalb ich Ihnen auf diesem Wege öffentlich antworten möchte. Wohl wissend, dass es auf Sie keinen Eindruck machen wird.
Aber mir geht es dann besser!
Sie schreiben (wörtliche Wiedergabe)
„… Sie machen nicht das, was für Neunkirchen gut, ist sondern das, was die Parteien in Brüssel, Berlin, Düsseldorf, Arnsberg usw. wollen und denken nicht an uns Neunkirchener Bürger weshalb Sie …“
Zunächst einmal wissen wir nicht einmal, ob Sie tatsächlich Neunkirchener Bürger sind. Sie schreiben ja anonym.
Wer bestimmt eigentlich was für Neunkirchen gut ist? – Sie etwa? Und das ohne Ihr Gesicht zu zeigen?
Ich glaube, Sie wissen gar nicht worüber Sie reden. Haben Sie schon einmal Rats- oder Ausschusssitzungen besucht? Ich denke nicht. Denn dann wüssten Sie, dass dort durchweg kontrovers diskutiert wird und zwar größtenteils quer durch die Fraktionen. Nix da von wegen „was die Parteien in Brüssel, Berlin, Düsseldorf, Arnsberg usw. wollen und denken…“
Und wenn Sie die Zeitungen halbwegs aufmerksam lesen würden, hätten Sie mitbekommen, dass wir sogar Resolutionen gegen Entscheidungen der übergeordneten Institutionen verabschiedet haben. Das alles funktioniert nach demokratischen Spielregel. Da ist keiner wie Sie, der für sich und andere bestimmen will, was für Neunkirchen gut oder schlecht ist.
Das ist gut so und so soll es bleiben!
Sie schreiben
„Sie produzieren eine Art Hartz 4 für Hauseigentümer nur damit die Ausländer irgendwo wohnen können.“
Tut mir Leid, das mit dem „eine Art Hartz 4 für Hauseigentümer“ versteh ich nicht. Aber ich kann ja nicht nachfragen, Sie zeigen – im Gegensatz zu mir – nicht Ihr Gesicht. Wenn Sie meines sehen wollen, bitte: https://www.spd-neunkirchen-siegerland.de/gruppen/ov-struthuetten/
Sie schreiben
„…damit die Ausländer irgendwo wohnen können. Die haben hier in Deutschland nichts verloren… „
Wer bestimmt ob und welche Ausländer hier wohnen dürfen? Etwa Sie?
Nein! – Dafür gibt es Regeln und Gesetze, die auf demokratischen Wege zustande gekommen sind u.a. unter Beachtung der „Allgemeinen und unveräußerlichen Menschenrechte“ zu denen die Menschenwürde, das Recht auf Unversehrtheit, das Recht auf Asyl und einiges mehr zählt. Und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, an dem sich nachgeordnete Gesetze ausrichten müssen.
Noch nie davon gehört oder diese gelesen? Scheint so. Dem kann ich nachhelfen. Hier sind die Links dahin.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte:
http://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:
Und noch eins: Die „Ausländer“ tragen nicht unerheblich zu unserem Wohlstand und unserem Gemeinwesen bei. Sie zahlen Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer, Sozialabgaben, zahlen in die Rentenversicherung ein, …“ Ohne sie sähe es bei uns viel schlechter aus.
Und wenn es um Flüchtlinge geht, als Teil der „Ausländer“, hier eine interessante Information, die Sie aber sicher nicht hören und lesen wollen:
4 Mrd. Euro hat Deutschland 2017 an Flüchtlinge gezahlt.
13 Mrd. Euro haben die Deutschen 2017 an Steuern hinterzogen.
55 Mrd. Euro wurden durch CumEx gestohlen.
160 Mrd. Euro kosten uns die Steuerschlupflöcher für Konzerne und Superreiche jährlich.
Da ist es doch wohl sinnvoller sich gegen Steuerhinterziehung und –vermeidung und gegen unsaubere und unerträgliche Geschäftspraktiken zu engagieren statt mit der Keule auf Menschen loszugehen, die ihre Heimat verlassen mussten, weil sie um ihr Leben und ihr Unversehrtheit fürchten oder sie dort schlichtweg hungern müssen!
Sie schreiben
„Was wäre denn schlecht daran, wenn in Deutschland demnächst 40 Millionen Deutsche inclusive Volksdeutsche wohnen.“
Volksdeutsche? Ich glaub es nicht… Hier die Definition von Wikipedia (wikipedia.de):
„Volksdeutsche war in der Zeit des Nationalsozialismus eine Bezeichnung für außerhalb des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 und Österreichs lebende Personen deutscher Volkszugehörigkeit und nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, vor allem in Ost- und Südosteuropa.“
Weiterer Worte bedarf es wohl nicht. Ich dachte, diese Art von unsäglichem Nationalismus hätten wir überwunden.
Sie schreiben
„Wer will eine Art Rothenburg mit Kopfsteinpflaster usw. und wer kann und will das bezahlen…“
Versteh ich wieder nicht. Dachte immer, ich wäre nicht auf den Kopf gefallen. Aber versteh ich nicht. Und was haben Sie gegen das Kopfsteinpflaster in Rothenburg ob der Tauber? Passt doch wunderbar zu der Stadt wenn ich auch zugeben muss, dass es beschwerlicher ist darüber zu laufen. Aber das nimmt man doch gerne in Kauf.
Sie schreiben
„…und wer kann und will das bezahlen. Wenn, dann soll das von den vorgenannten Gebietskörperschaften oder vom Unrat bezahlt werden.“
Spätestens hier hat aller Spaß ein Ende. Wer Menschen als Unrat bezeichnet, hat jede Achtung vor der Menschenwürde verloren. Er kann keinen Anspruch darauf erheben „für das Volk“ zu sprechen, er verdient unser aller Verachtung!
Sie schreiben
„Solche Angelegenheiten gehören zur Volksabstimmung, am besten stimmen nur die Betroffenen ab.“
Nöh! Wer ist denn der „Betroffene“? In den meisten Fällen gibt es nicht nur direkt Betroffene, sondern Entscheidungen haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Menschen. Da gilt es Eigeninteressen gegen Gemeininteressen abzuwägen. Und das hat man in unserem demokratischen Gemeinwesen uns, den in Ihren Augen „bösen Politikern“ übertragen.
Und – wenn ich mir so Ihre Aussagen zu Gemüte führe – wenn eine solche Abstimmung nicht in Ihrem Interesse ausginge, was wäre denn dann? Nach dem was in den ersten Zeilen Ihres Briefes stand, wage ich zu bezweifeln dass sie das akzeptieren würden.
Sie schreiben
„Man hat sich ein Häuschen gebaut und dann kommen Sie.“
Naja, ich weiß nicht, wann Sie Ihr Häuschen gebaut haben. Aber – Entschuldigung! – ich vermute „wir“, die Demokraten und demokratischen Parteien und Politiker, waren schon länger da. Wir Sozialdemokraten seit über 150 Jahre. Und wir sind stolz darauf. Insbesondere auch auf unseren Widerstand gegen die Nationalsozialisten, gegen Rassismus, Ausgrenzung und Bestrebungen gegen die Demokratie. Stolz sind wir auf die drei Grundsätze, die wir auf unsere Fahnen, in unsere Programme und unsere Herzen geschrieben haben: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität!
Dafür leben wir, dafür kämpfen wir und dafür haben viele von uns in den unsäglichen Zeiten des Nationalsozialismus sogar das Leben lassen müssen.
Sie schreiben
„Die Flurbereinigung hat die Landschaft zwischen den Orten zerstört und Sie zerstören jetzt die gewachsenen Dörfer.“
Mhhhh…, irgendwie leben wir in unterschiedlichen Welten. Wenn ich hier nur ein paar Meter aus dem Haus gehe, finde ich eine wundervolle intakte Landschaft und Natur vor. Zerstörungen gibt es auch, vor allem durch den Klimawandel und seine Folgen.
Und das „wir“ die gewachsenen Dörfer zerstören erschließt sich mir in keiner Weise. Aber, da Sie es ja vorziehen anonym zu bleiben, kann man ja nicht nachfragen, wieso und warum.
Unwahre Behauptungen, Hass auf Andere und Andersdenkende sind das Leitbild Ihres Briefes. Daher ist er eigentlich nicht wert, dass man sich so lange damit auseinandersetzt.
Aber jetzt ist mir wohler!
In diesem Sinne und mit einem Wohl auf die Grundwerte
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität,
Gerd Scholl
i.A. des SPD Gemeindeverbandes
und der SPD-Fraktion Neunkirchen